RSV-News Gerichtshof: EU-Normen müssen kostenlos sein

Wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Wichtige europäische Standards dürfen nicht hinter einer Bezahlschranke verschlossen werden. Das dürfte auch die Kanalsanierung als umweltrelevanten Bereich betreffen.

Der Richterspruch hat in der vergangenen Woche Wellen geschlagen in der europäischen Regelwerkslandschaft: Zahlreiche Normen, die bisher aufgrund des Urheberrechts einzeln gekauft werden müssen, sollen nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) frei und kostenlos verfügbar sein.

Normen Teil des europäischen Rechts

Geklagt hatten die gemeinnützigen Organisationen „Public.Resouerce.Org“ und „Right to Know“. Am Beispiel von Sicherheitsanforderungen für Spielzeug machten sie deutlich, dass harmonisierte Normen dem Schutz der Bevölkerung dienen und damit als Bestandteil gesetzlicher Regeln offen aufrufbar sein sollen. Das Argument: Ohne Kenntnis solcher Normen wissen die EU-Bürger nicht, welche konkreten Anforderungen das EU-Recht an bestimmte Produkte stellt.

Seit Jahren streiten die beiden Vereine für die Betrachtung von Normen als Teil des europäischen Rechts. Die EU-Kommission hatte sich bisher hinter die Normungsgesellschaften gestellt, die die Erstellung der Dokumente unter dem Schutz des Urheberrechts kostenpflichtig anbieten. Selbst die Einsicht in Normen für wenige Minuten ist kostenpflichtig (siehe unten).

Die Große Kammer des EuGH hob diesen Urheberrechtsschutz auf, da ein „überwiegendes öffentliches Interesse am freien Zugang zu den harmonisierten Standards“ bestehe.

„Vollständige Neuordnung des Europäischen Normungssystems“

Die Rechtsanwaltskanzlei Morrison Foerster, die das Urteil erstritten hatte, sieht in dem Urteil eine wegweisende Bedeutung: „Die EU-Kommission dürfte nun kostenlosen Zugang zu allen harmonisierten Normen gewähren müssen, da sie Teil des EU-Rechts sind. Dies wird eine vollständige Neuordnung des Europäischen Normungssystems erfordern.“ In der Folge würden europäische Normungsorganisationen, aber auch nationale Organisationen wie das DIN in Deutschland, von Unternehmen und Privatpersonen künftig daher nicht mehr verlangen können, harmonisierte Normen für viel Geld zu kaufen. Das Geschäftsmodell der normgebenden Institutionen wie dem DIN sei durch das Urteil infrage gestellt.

RSV-Vorstand begrüßt Urteil

„Schwarmwissen hinter einer Paywall zu verstecken ist angesichts der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen nicht mehr zeitgemäß – vor allem in einem wichtigen umwelttechnischen Bereich wie unserem“, bewertet RSV-Vorstandsvorsitzender Andreas Haacker das Urteil.

Der Verband bietet in seinen Merkblättern Hilfestellungen für Anwender an, gibt Hinweise zur Qualitätssicherung und macht auf Regulierungslücken in Regelwerken aufmerksam. Anders als Normen benennt der RSV in den Dokumenten die Unternehmen, Ingenieurbüros und Netzbetreiber als Autoren, um die berechtigten wirtschaftlichen und inhaltlichen Interessen und Erfahrungen sichtbar zu machen.

"Unsere Merkblätter stehen kostenfrei zur Verfügung, weil wir möchten, dass sich die Technologien verbreiten und mit hohen Qualitätsstandards angewendet werden", so Haacker. Ebenso wie im DIN werden die RSV-Merkblätter von Praktikern im Ehrenamt erstellt.

Flatrate für 1500 Euro

Text: Reinhild Haacker

Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

Sie haben Anregungen oder Fragen zu diesem Thema?

Bitte addieren Sie 2 und 1.

Zurück